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Die Kartause MARIA HAIN zu Düsseldorf-Unterrath         Erzählung von Vater Heinz Weber
Die Chronik der Kartause

Seit dem Reichsdeputationshauptschluss von 1803 befand sich auf dem ganzen Gebiet des späteren Deutschen Kaiserreiches keine Ordensniederlassung der Kartäuser mehr. 1869 erwarb der Kartäuserorden das Rittergut Hain bei Düsseldorf-Unterrath. Dort wurde die erste Niederlassung des Ordens im damaligen Kaiserreich Deutschland seit Beginn des 18. Jahrhunderts eingerichtet.
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Vergrössern Zwei Professmönche und zwei Laienbrüder aus dem Kloster La Grande Chartreuse besiedelten die Kartause.
Doch im Verlauf des Kulturkampfes musste dieses Kloster im Jahre 1875 wieder aufgegeben werden.
Alle nicht reichsangehörigen Mönche wurden aus Deutschland ausgewiesen.
1890 aber konnte das Kloster erneut vom Konvent des Kartäuserordens in Besitz genommen werden.
1908 lebten dort sieben Professmönche, im Jahre 1920 waren es bereits 20 Mönche und fünf Laienbrüder.

Die NS-Zeit überstanden Kloster und Mönchskonvent unbeschadet, da ihre Nützlichkeit wegen der umfangreichen Armenfürsorge anerkannt wurde. Die rasche Ausdehnung der Großstadt Düsseldorf und die Erweiterung des Flughafens Lohausen zwang die Mönche in den 60er Jahren zur Aufgabe der Kartause. Der Konvent zog daher 1964 in die 1962 neu errichtete Kartause Marienau um, einem Oststeil von Bad Wurzach in Baden-Württemberg.
Auch die verstorbenen Mönche wurden dorthin umgebettet.

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Das Kloster MARIA HAIN wurde profaniert und anschließend abgerissen. Mit dem Abriss jedoch wurden leider unersetzliche Werte vernichtet.
Auf dem Gelände der alten Kartause, dem großen Kreuzgang, der Kirche und Schloss-Hain, befinden sich heute die Bauten der Frachtstraße des Flughafens. In der Nähe der ehemaligen Kartause im Kartäuser-Park in Düsseldorf-Unterrath an der Unterrather Straße befindet sich die 1994 errichtete Erinnerungsstätte für das ehemalige Kloster. Dort steht eine vom Düsseldorfer Bildhauer Karl-Heinz Klein gefertigte Bronze-Statue eines Kartäusers und ein Modell der ehemaligen Kartause.
Mein Besuch in der Kartause MARIA HAIN zu Unterrath mit Vetter Willi Neander

In Unterrath wohnte in den 30ern auch Mathilde Zeppenfeld's Bruder Willi Neander mit seiner Frau Minchen. Willi war ebenfalls, wie nachher sein jüngster Bruder Rudi, bei der Regierung in Düsseldorf tätig.
Es war Anfang der 30er Jahre, meine Mutter und ich weilten zu Besuch bei Zeppenfelds in Unterrath. Ich war ein junger Mann von vielleicht 18 Jahren. Wir hatten über die Kartause MARIA HAIN gesprochen. Wir kamen auf das Thema, weil ab und zu im Ort Ordensbrüder der Niederlassung gesehen wurden, die dort etwas zu erledigen hatten.

Willi hatte eine Idee. Er wollte mich mal zur Kartause mitnehmen, damit ich den Bereich innerhalb der Klostermauern kennenlernen konnte.
Diese Möglichkeit bestand durchaus. Wir würden eines Sonntagmorgens dort die Messe besuchen und anschließend die Kartause besichtigen.
Ich war hoch erfreut und einverstanden.

Und so zogen Willi und ich am folgenden Sonntag um 6 Uhr morgens in der Frühe zur Kartause hinaus. Bis dorthin war es ungefähr ein Kilometer Fußweg. Als wir dort angekommen waren läutete mein Vetter Willi an der Pforte, und der Bruder Pförtner öffnete. Willi war hier bereits bekannt und der Pförtner führte uns dann bis zum Aufstieg zur Empore in der Klosterkirche. Außer uns waren keine weiteren Besucher zu sehen. Die Mönche nahmen im Chor rechts u. links des Altars Platz. Willi erklärte mir, daß Meßfeiern die einzige Möglichkeit für die Mönche waren, sich zu sehen. Sonst lebten sie völlig allein und abgesondert in ihren Klausen, jeder für sich.

Diese Zellenhäuser waren rund um den Kreuzgang angelegt. Ein einziger Raum diente dem betreffenden Insassen als Wohnung und enthielt alles, was zum Wohnen notwendig war. Der Pförtner ging mit uns zu einer zu der Zeit unbewohnten Zelle, schloß auf und ließ uns eintreten. Es war ein etwa sechs Meter im Quadrat großer Raum. Licht fiel durch ein Fenster, durch das man nach draußen in ein kleines Gärtchen sehen konnte. Eine Tür neben dem Fenster führte in den Garten. Der hier lebende Mönch hatte den Garten in Ordnung zu halten und konnte ihn nach seinem Belieben bepflanzen und pflegen. Der Bereich um den Garten herum war nicht einzusehen.

Rechts und links befanden sich die fensterlosen Mauern der Nachbarzellen, und geradeaus zum freien Feld hin war auch alles abgeschirmt. Die Zelle selbst war wohnlich und praktisch eingerichtet. Da die Mönche sich auch handwerklich betätigen konnten, befand sich zum Beispiel in dieser von uns besuchten Zelle eine Hobelbank mit den dazu gehörenden Werkzeugen. Sehr merkwürdig war das sogenannte "Bett", ein sargähnlicher Kasten, der an einer Wand stand. Hier war die Schlafstätte des jeweiligen Bewohners. Nur eine einfache Kiste, die stets an den Tod erinnern sollte, wie uns der Bruder erklärte. Dann waren da noch ein großer Tisch, ein Regal mit Büchern, ein recht bequemer Stuhl und sonstige Dinge.

Laut der strengen Regeln durften die Mönche nicht miteinander reden und sich auch nicht sehen, außer bei den gemeinschaftlichen Gottesdiensten, die im Laufe eines Tages mehrfach auf dem Programm standen. Sehr harte Regeln, denen sich die Mönche unterwarfen. Für manch einen, vornehmlich in der ersten Zeit seines Klosterlebens, wird das Leben ganz schön schwer gewesen sein. Welche mentale Stärke wird es gebraucht haben, um sich da einzufügen und damit abzufinden !

Ihre Mahlzeiten erhielten die Mönche vom Kreuzgang aus. Neben jeder Tür zu einem Zellenhaus befand sich eine Durchreiche mit zwei Türchen, eine im Kreuzgang, die zweite innerhalb der Zelle. Der Bruder, welcher das Essen zu verteilen hatte, öffnete im Kreuzgang das Türchen und stellte sodann die Mahlzeit in der Mauer ab. Die Anlieferung wurde akustisch signalisiert, und der Insasse konnte jetzt von innen öffnen und das Mahl entnehmen.

Nachdem wir dies alles besichtigt hatten, ging der Bruder Führer mit uns hinaus ins Freie, wo wir auch dem Friedhof einen Besuch abstatteten. War ein Bruder verstorben, so wurde sein Leichnam in der Kutte eingekleidet, auf ein Brett gelegt und mit einer Plane umwickelt und verschnürt. Dann wurde die Beerdigungszeremonie eingeleitet. Vier Brüder nahmen das Brett mit dem Toten auf ihre Schultern und der Zug, an welchem der gesamte Konvent teilnahm, durchschritt die Gänge bis hinaus zum Friedhof. Unterwegs wurde gebetet und durch Totengesänge begleitet. Die Gruft war vorbereitet. Dort angekommen senkte man den Toten hinein. Genauso, wie es auch sonst bei allen Beerdigungen üblich ist. Später wurde das Grab zugeschüttet und darauf ein kleiner Sandhügel aufgeschichtet. Das Grab blieb ohne Schmuck oder Blumen. Ein kleines rohes Holzkreuzchen wurde mit einer Nummer versehen, die dann in der Verwaltung in ein Verzeichnis eingetragen wurde. Diese Nummer gab Aufschluß über den, der hier ruhte. Da waren bereits einige Gräber.

Es gab priesterliche Mönche, sogenannte Professmönche, und Laienbrüder. Letztere waren den strengen Regeln des Ordens nicht unterworfen. Das war auch wegen der weltlichen Aufgaben, die sie zu erfüllen hatten, gar nicht möglich. Sie trugen die gleichen graugelben Kutten wie die Professmönche, allerdings keine Tonsur und kein "Käppi".
Die Brüder besorgten alle Arbeiten innerhalb ihres Klosters und waren außerdem mit der Bestellung der Ländereien beschäftigt. Das Betreten der Kartause durch weibliche Personen war grundsätzlich nicht gestattet. Man kann davon ausgehen, daß niemals eine Frau die Pforte der Kartause je durchschritten hat. Wer an der Pforte läutete und sich etwas zu Essen erbat, wurde nicht abgewiesen. Diese Mildtätigkeit zeichnete die Kartäusermönche aus. Die Ordensregeln gaben es so vor.

Der Besuch in der Kartause mit meinem Vetter Willi hat bei mir einen bleibenden Eindruck hinterlassen.
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